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In Pommern giebt es viele Menschen, welche den Dieb besprechen können, daß er mit den gestohlnen Sachen nicht fort kann. Das nennt man den Diebessegen. In Stettin lebte vor noch wenigen Jahren ein Schiffszimmermann, Namens Frank, der verstand den Diebessegen, und sprach ihn in folgender Weise: Er ging um den Platz, auf welchem der Diebstahl befürchtet wurde, herum, von Osten nach Norden, bis er wieder zu der Stelle kam, von der er ausgegangen war. Dabei sprach er folgende Worte:

Da kommen drei Diebe gegangen.
Maria sprach: Peterus, Peterus, Peterus!
Binde, binde, binde! –
Ich habe gebunden mit eisernen Ketten,
Kein Mensch, als nur Einer, kann ihn davon retten!
Er soll sehen und hören die ganze Nacht,
Die Sterne am Himmel, den Glockenschlag,
Unempfindlich wie ein Block,
Steif wie ein Stock!
Die Lösung überlasse ich dir,
Den Schlüssel nehme ich zu mir!
Wird er schwarz, bleibt er weiß,
Es macht mir nicht im Geringsten heiß!
Nur keinen Vorwurf,
Gieb mir den Schuft!

Wenn nun nach solchem Bannspruch der Dieb kommt und stiehlt, so kann er mit dem Gestohlnen, sobald er es aufgeladen hat, nicht von der Stelle; er muß damit vielmehr die ganze Nacht stehen, bis zu Sonnenaufgang. Wenn die Sonne aufgeht, ist der Bann zwar gelöset, aber nun wird der Dieb in einen schwarzen Neger verwandelt, und der Banner kann niemals wieder einen Diebessegen sprechen. Darum muß der Banner auch vor Sonnenaufgang

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Jodocus Donatus Hubertus Temme: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Nicolaische Buchhandlung, Berlin 1840, Seite 344. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Volkssagen_Pommern_344.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)