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allein zu Hause ließ. Diese waren Anfangs still und fromm. Nun aber hatte die Frau hinter den Ofen einen Beutel mit Nüssen und Aepfeln gestellt, den sie des Nachmittags ihrem kleinen Pathen schenken wollte. Den bekamen die Kinder zu sehen, und darauf war es mit ihrer Ruhe aus. Sie fielen über den Beutel her, und schmauseten Aepfel und Nüsse auf, so viel deren darin waren. Darüber erzürnte sich die Frau, als sie aus der Kirche zurückkam, und sie konnte sich nicht mäßigen, obgleich es am stillen Freitage war, sondern schimpfte die Kinder laut, und weil man kleine Diebe auch wohl Mausemärten zu nennen pflegt, so ging sie in ihrem Zorne so weit, daß sie ausrief: Der Blitz, ich wollte, daß ihr Mausemärten alle zu Mäusen würdet!

Einem solchen schrecklichen Fluche an dem heiligen Tage und gegen die eigenen Kinder folgte aber die Strafe auf dem Fuße nach. Denn kaum hatte sie die Worte gesprochen, so waren auf einmal alle die sieben Kinder in sieben Mäuse verwandelt. Die liefen in der Stube hin und her, mit bunten Leibern und rothen Köpfen, wie die Kinder sich getragen hatten. Da erschrak die Frau sehr, und wußte nicht, was sie in ihrer Angst anfangen solle. Mittlerweile kam der Knecht, und öffnete die Thür, und nun liefen die sieben Mäuse alle auf einmal durch die öffne Thür zur Stube hinaus und aus dem Hause, und immer weiter über das Pudminer Feld und das Günzer Feld und das Schoritzer Feld, und endlich über das Dumsewitzer Feld in einen kleinen Busch hinein. Die Mutter lief ihnen nach und weinte und jammerte, und bat den lieben Gott, daß er ihr doch ihre Kinder wieder geben möge. Aber sie konnte sie nicht einholen. In dem Busche hinter dem Dumsewitzer Felde war ein klarer Teich; auf diesen liefen die sieben Mäuslein zu, und erst an dem Ufer

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Jodocus Donatus Hubertus Temme: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Nicolaische Buchhandlung, Berlin 1840, Seite 295. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Volkssagen_Pommern_295.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)