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passiren viele schauerliche Geschichten. Unter andern sagen die Leute, daß Derjenige, der am Johannistage den hohen Stein ersteigt, oben auf demselben einen Sack voll Erbsen finde, die sich aber beim Heruntertragen in lauter Goldstücke verwandeln.

Acten der Pomm. Gesellschaft für Geschichte.


181. Der Riesenstein bei Kleptow.

In der Nähe des Dorfes Kleptow unweit Pasewalk liegt auf dem Felde ein großer Stein, den die Leute den Riesenstein nennen, und von dem sie sich Folgendes erzählen: Vor alten Zeiten haben in der Nähe dieses Steines zwei Felsen gestanden. In dem einen hat ein Riese gewohnt, in dem anderen haben eine Menge kleiner Berggeister ihr Haus gehabt. Der Riese und die Zwerge lebten mit einander in Streit, und thaten sich gegenseitig manchen Schabernack an, wo sie nur konnten. Zuletzt machten die Zwerge unter dem Felsen des Riesen ein Erdbeben, wodurch sie den ganzen Felsen in Stücke zertrümmerten. Darüber gerieth der Riese in großen Zorn, und er lauerte auf eine Gelegenheit, wie er den kleinen Berggeistern wieder Schaden thun könne. Das traf sich bald. Denn kurz nachher feierten die Zwerge in einem Theile ihres Felsens ein Fest, bei dem sie alle versammelt waren. Als nun der Riese ihr Singen und Jubiliren hörte, nahm er ein gutes Stück von seinem zertrümmerten Felsen, und warf es nach dem Felsen der Zwerge, so daß der Theil, in welchem diese ihr Fest feierten, davon zerschmettert wurde, und eine ganze Menge von ihnen im Fallen erschlug. Unter den Getödteten befand sich sogar ihr König, den sie nach einigen Tagen mit großer Trauermusik zu Grabe trugen.

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Jodocus Donatus Hubertus Temme: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Nicolaische Buchhandlung, Berlin 1840, Seite 218. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Volkssagen_Pommern_218.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)