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zu kommen. Anfangs graute sich der Schäfer; am Ende nahm er sich aber ein Herz und ging zu ihr und folgte ihr in die Höhle hinein. Hier fand er viele und große Haufen von Schätzen, und die Jungfrau sagte ihm, daß er davon nehmen könne, so viel er möge, daß er auch alle Tage, aber nur um dieselbe Stunde, wiederkommen könne. Darauf verschwand sie. Der Schäfer that, wie sie ihm geheißen hatte, und er ist ein reicher Mann geworden. Die Jungfrau hat man aber seitdem nicht wiedergesehen. Nur am Johannistage soll man in der Höhle noch schwache Klagelaute hören.

Mündlich.


162. Das versunkene Schloß bei Plathe.

Wenn man von Plathe nach Danzig geht, so sieht man nicht weit von der ersteren Stadt, linker Hand am Wege, einen Hügel, der mit Strauchwerk bewachsen und mit großen Steinen bedeckt ist. Hier soll ein Schloß versunken seyn, auf dem früher grausame Ritter ihr Wesen getrieben haben. Man hat davon noch jetzt einen Beweis. In der Nähe des Schlosses hat nämlich noch ein anderes Schloß gelegen. Die Herren der beiden Schlösser haben mit einander in Krieg gelebt, und der in dem versunkenen Schloß hat die Tochter des anderen geraubt, und sie einmauern lassen. Dieses Fräulein sieht man nun noch jede Nacht auf jenem Hügel. Sie ist ganz weiß gekleidet, und hat ihre Haare lang herunterhängen; so geht sie weinend zwischen den Steinen umher.

Vor mehreren Jahren hat hier auch einmal ein Tagelöhner einen Pferdefuß mit einem goldenen Hufeisen gefunden. Der Mann ist aber von dem Augenblicke an wie

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Jodocus Donatus Hubertus Temme: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Nicolaische Buchhandlung, Berlin 1840, Seite 205. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Volkssagen_Pommern_205.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)