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nicht ein noch aus konnte, fiel er mit seinem Raubgesindel darüber her, erschlug die Mannschaft und nahm alles Gut für sich. Die Leichen wurden in den See geworfen, nach der Seite des langen Berges hin. Oft traf es sich, daß die Räuber auf dem Schiffe eine größere Mannschaft fanden, als sie erwartet hatten; dann läuteten sie eilig eine große Glocke, die sie eigends zu diesem Zwecke am Ufer aufgehangen hatten, worauf ihnen von den beiden Burgen Hülfe kam. Diese Glocke ist nach dem Tode des Ritters in den See gestürzt. Darin ist sie noch, und am Johannistage kann man sie des Mittags um zwölf Uhr darin läuten hören.

Mündlich.


161. Die Räuberhöhle bei Schmölle.

Bei dem Dorfe Schmölle nicht weit von jenem Leichensee findet man eine große Höhle, noch jetzt die Räuberhöhle geheißen. Diese ist der Schlupfwinkel des Hans von Ramin und seiner Genossen gewesen, worein sie alle ihre geraubten Schätze gebracht. Hans von Ramin hatte einen Bruder, der in Schmölle wohnte, und der eben so gottlos war, wie jener. Der hatte einstmals ein adliges Fräulein der Gegend geraubt, mit welcher er in diese Höhle flüchtete. Hier wollte er sie zwingen, ihm zu Willen zu seyn; wie die Jungfrau sich aber hartnäckig zur Wehre setzte, ließ er ihr den Kopf abschlagen.

Der Geist dieses Fräuleins ist nachher noch lange um die Räuberhöhle herumgegangen. Zuletzt hat sie vor noch nicht gar zu vielen Jahren ein Schäfer gesehen. Dieser weidete in der Gegend seine Heerde, als er auf einmal einer ganz schwarz gekleideten Jungfrau ansichtig wurde, die am Eingange der Höhle stand und ihm winkte, zu ihr

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Jodocus Donatus Hubertus Temme: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Nicolaische Buchhandlung, Berlin 1840, Seite 204. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Volkssagen_Pommern_204.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)