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Das Haus des Bäckers wird noch jetzt in der Königsstraße zu Stettin gezeigt.

Mündlich.


79. Eulenspiegel in Pommern.

Es hatte sich Eulenspiegel in allen Landen mit seiner Bosheit bekannt gemacht, und wo er einmal gewesen war, da war er nicht zum zweitenmal willkommen. Derohalben war er nun zwar anfangs guter Dinge, auf die Dauer aber ging er doch in sich, und gedachte was er anfinge, daß er wieder zu Gelde käme durch Nichtsthun, denn er sahe, daß Mancher mit Müßiggehen bessere Tage hatte, denn ein Anderer mit saurer Arbeit. Da gedachte er, daß er noch nicht im Pommerlande gewesen sey, und er nahm sich vor, dahin zu gehen. Er kleidete sich also aus für einen Mönch, nahm von einem Bauernkirchhofe irgend einen alten Todtenkopf, den er in Silber einfassen ließ, und reisete damit in das Land Pommern, wo die Priester zu damaliger Zeit sich mehr aufs Saufen denn aufs Predigen legten. Wenn er denn nun in ein Dorf kam, wo Kirchweihe, Hochzeit oder sonst eine Versammlung war, so bat Eulenspiegel den Pfarrherrn, daß er predigen und den Bauern das Heiligthum verkünden dürfe, welches er mit sich führe. Versprach demselben auch, daß er ihm wolle abgeben von den Opfern, so er bekommen werde. Damit waren die Pfaffen gern zufrieden, daß sie Geld bekämen.

Wie nun das meiste Volk in der Kirche war, stieg Eulenspiegel auf den Predigtstuhl, und sprach viel von der alten Ehe und von der neuen, von der Arche und dem güldenen Eimer, wo das Himmelbrod innen lag, daß ihn die Leute zuerst für einen grundgelehrten und heiligen Mann hielten. Alsdann aber zeigte er ihnen seinen versilberten Todtenkopf, und redete ihnen zu, daß dieß das Haupt eines großen Heiligen

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Jodocus Donatus Hubertus Temme: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Nicolaische Buchhandlung, Berlin 1840, Seite 117. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Volkssagen_Pommern_117.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)