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64. Entstehung der Gertruden-Kirche zu Stettin.

Die Gertrudenkirche zu Stettin soll dadurch entstanden sein, daß ein armes Hirtenmädchen, welches auf dem Wege nach Damm einen großen Schatz gefunden hatte, aus Dankbarkeit gegen Gott, der ihr das Glück bescheert, die Kirche hat bauen lassen. Das Mädchen hat Gertrude geheißen, und deshalb hat man auch die Kirche so nach ihr benannt. In der Kirche hängt noch das Bild eines Hirtenmädchens, welches die Erbauerin sein soll.

Mündlich.


65. Die Kapelle auf dem Gollenberg.

Zwischen den Städten Zanow und Cöslin in Hinterpommern liegt der Gollenberg, der früher ein berühmter Wallfahrtsort war, wie später noch wird berichtet werden. Auf demselben stand vor Zeiten eine Capelle, der heiligen Mutter Gottes gewidmet, weshalb der Berg selbst auch früher der Marienberg, oder Unserer lieben Frauen Berg zugenannt wurde. Diese Capelle ist auf folgende Weise entstanden:

Vor vielen hundert Jahren, als Pommern schon zu dem christlichen Glauben war bekehrt worden, lebten in der Gegend des Gollenbergs etliche Abtrünnige, welche dem heidnischen Gottesdienste noch anhingen. Die waren einstmals zu Schiffe nach der Insel Rügen gewesen, wo die alten Götzen dazumal noch frei verehrt wurden, und hatten allda heidnischen Götzendienst getrieben. Als sie nun zurückkehrten, und schon nahe an ihrer Heimath waren, wurden sie auf einmal von einem gräulichen Sturmwinde überfallen, der sie sammt ihrem Schiffe unter dem Wasser zu vergraben drohete. Sie riefen, wiewohl vergebens, alle ihre heidnischen Götter an, die Hertha, welches bedeutet die Mutter

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Jodocus Donatus Hubertus Temme: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Nicolaische Buchhandlung, Berlin 1840, Seite 102. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Volkssagen_Pommern_102.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)