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Ludwig I. Großherzog von Hessen: 0Verfassungsurkunde des Großherzogthums Hessen.

 

Artikel 65.

In dem Falle einer Auflösung erlöschen alle Rechte aus den bisherigen Wahlen, und es müssen für die neu einberufene ständische Versammlung neue Wahlen Statt finden. Bei diesen Wahlen sind jedoch auch die früher Gewählten wählbar.

Artikel 66.

Die Stände sind nur befugt, sich mit denjenigen Gegenständen zu beschäftigen, welche die nachfolgenden Artikel zu ihrem Wirkungskreis verweisen.
Die Überschreitung dieser Befugniß ist eben so zu betrachten, wie eine willkürliche Vereinigung.

Artikel 67.

Ohne Zustimmung der Stände kann keine directe oder indirecte Auflage ausgeschrieben oder erhoben werden.
Das Finanzgesetz, welches immer auf 3 Jahre gegeben wird, soll zuerst der 2ten Kammer vorgelegt werden, welche darüber, nach einer vorherigen vertraulichen Besprechung mit der ersten Kammer durch die Ausschüsse, ihre Beschlüsse zu fassen hat. Die Beschlüsse der 2ten Kammer kann die erste nur im Ganzen annehmen oder verwerfen.
Geschieht das Letztere, so wird das Finanzgesetz in einer Versammlung der vereinigten beiden Kammern, unter dem Vorsitze des Präsidenten der ersten, discutirt und der Beschluß nach absoluter Stimmenmehrheit gefaßt.

Artikel 68.

Die Bewilligungen dürfen von keiner Kammer an die Bedingung der Erfüllung bestimmter Desiderien geknüpft werden.
Beide Kammern sind jedoch befugt, nicht nur eine vollständige Uebersicht und Nachweisung der Staatsbedürfnisse, sondern auch eine genügende Auskunft über die Verwendung früher verwilligter Summen zu begehren.

Artikel 69.

Die Auflagen, insoferne sie nicht bloß für einen vorübergehenden und bereits erreichten Zweck bestimmt waren, dürfen, nach Ablauf der Verwilligungszeit, noch sechs Monate forterhoben werden, wenn die Ständeversammlung aufgelößt wird, ehe ein neues Finanzgesetz zu Stande kommt, oder wenn die ständischen Berathungen sich verzögern.
Diese sechs Monate werden jedoch in die neue Finanz-Periode eingerechnet.

Artikel 70.

Die Civilliste kann während der Dauer der Regierung eines Großherzogs weder, ohne seine Bewilligung, gemindert, noch, ohne Zustimmung der Stände, erhöhet werden.