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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält

Gräfin. O Dank, beste Mutter, tausend Dank für Ihre sorgende Zärtlichkeit. Aber zu bedauern bin ich ja nicht. Von der Seite des Eigensinns haben Sie mich noch nicht ausgelernt. Ich habe meinen Kopf darauf gesetzt, er soll mich lieben; und er wird mich lieben! Mir ist nicht einen Augenblick bange. Was wäre denn schon verdorben? Womit hätt’ ichs bis jetzt verdient daß er mich liebte? Vielleicht bin ich seiner Liebe werth, aber weiß er das?

Fr. v. Stralen. Er könnt’ es doch wissen, wenn –

Gräfin. (stehend) Mama, ich bitte! – Ihr wenn versteh’ ich wohl, aber haben Sie denn hier mehr Gewißheit als ich? – Und daß ich seine Frau geworden bin, nicht wahr? Aber wie bin ich’s geworden? So viel hat er gewußt, daß ich ein Mädchen von zwanzig Jahren und von zwanzig tausend Thalern war. Ein leidliches Lärvchen, einen erträglichen Wuchs, gesunde Gliedmaaßen – das konnte er an seiner Braut erkennen, das durfte er von seinen gebieterischen Verwandten fodern. Er hat nichts von mir gekannt, als meine Ahnen und meine Güter – und wahrhaftig, Mutter, hinter diesen konnte es ihm nicht leicht einfallen, ein Herz zu suchen. Mir war wohl in meinem Kloster so manches schöne, liebenswürdige von dem Grafen

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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1790–1791, Seite 113. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band3_Heft9_113.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)