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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.

Frage brachten ihn für einen Augenblick aus der Fassung, er glaubte sich verrathen.

„Ja“ sagte er, „aber wenn Ew. Majestät sie kennten, es ist ein so braves Weib! – Ich weiß daß ich gefehlt habe, ich soll meine Züchtlinge in enger Verwahrung halten. Aber sie ist nicht Schuld, ihr ist wahrhaftig an einem lumpigen Feuerwerk nicht gelegen, sie hat immer ihre tausend Bedenklichkeiten, und ich muß sie dazu zwingen – und sehen Ew. Majestät, darauf können Ew. Majestät meinen Kopf hinnehmen, daß sie unschuldig ist. Entlaufen kann sie mir doch nicht, und würde sie auch nicht wollen, das sanfte Lamm! Nun denke ich, an die Luft, unter Menschen kann man sie ja führen –“

Die Kaiserin lächelte über das Mißverständniß, welches ihr das gutherzige Vergehen des Mannes verrieth. Sie ließ ihn übrigens hoffen, daß sie es vor der Hand wohl übersehen könnte, in so fern sie nun selbst von der Unschuld seiner Klientin überzeugt wäre. Deswegen hätte sie ihn vorzüglich rufen lassen, sie freute sich über das gute Zeugniß, das er der Baronin gäbe, und würde sie auf der Stelle erlösen und zu sich bringen lassen. –

Hier unterbrach er sie, glühend vor Freude. „Nein, nein,“ sagte er, „so müssen’s Ew. Majestät nicht machen; das versteh’ ich besser. Das arme Weib trifft der Schlag, wenn wir sie so plötzlich damit überfallen.“

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1790–1791, Seite 48. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band3_Heft9_048.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)