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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.

hielt sie sich so lange Zeit verborgen als sie nöthig hatte, um über die innern Hausangelegenheiten des Barons Erkundigung einzuziehen. Sie erfuhr bald daß ihre Stelle schon besetzt war, und stand nun nicht länger an, ihre Klage vor der Kaiserin selbst zu erheben. Der Fall der Bigamie schien ziemlich erwiesen, der Baron kam in engen Verhaft, und die Strenge der Kaiserin gegen Verbrechen dieser Art ließ voraussehen, daß die von dem Gesetz auf Vielweiberei erkannte Todesstrafe an ihm vollzogen werden würde. Bei der Untersuchung wurden die Ansprüche der zweiten Frau vollkommen rechtskräftig befunden; als man aber zur Prüfung der früheren Rechte der ersten Frau schreiten wollte, legte diese das Geständniß ab, daß sie dem Baron nie angetraut gewesen wäre, sondern als seine Maitresse bei ihm gelebt hätte, und daß er aus Liebe und Furcht vor den Nachsuchungen der Polizei ihr seinen Namen zu tragen erlaubt hätte. Diesem unerwarteten, freiwilligen Geständnisse war nichts entgegen zu setzen, der bedenkliche Handel endigte sich, alles Anscheins ungeachtet, zum Vortheil des Barons, seine Hand wurde der Fremden zuerkannt, und die bisherige Baronin **, zur exemplarischen Bestrafung des unerlaubten Umgangs, auf zehn Jahre zum Zuchthaus verurtheilt.

Fühle die Größe dieser Handlung wer sie fühlen kann; meine Feder soll ihre erhabne Simplizität nicht entweihen! Nur dahin, wo die mitleidige Ahndung

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1790–1791, Seite 44. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band3_Heft9_044.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)