Seite:De Thalia Band3 Heft9 024.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.
Das heimliche Gericht - Teil 3

Truchseß. Wie ich Euch sage, ich bemerkte damals einen armen Pilger, der in dem Schlosse bei den Knappen und Knechten mit Erzählung seiner ausgestandnen Fährlichkeiten, mit frommen Liedern, sich eine mäßige Nahrung verdiente. Der grauhaarige Bursche machte mich aufmerksam. Es war etwas bekanntes in ihm, etwas edles, das mit seinem Stande und seinem Aufzug so wenig übereinstimmte. – Zwei Narben die sich über seinem Auge kreuzten. –

Eimingen. Ueber seinem rechten Auge? Herrmann – es war Herrmann. Ueber seinem rechten Auge, nicht wahr? Und sein linker Arm war gelähmt?

Truchseß. Richtig, der linke mocht’ es seyn. – Ich suchte an diesen Pilger zu kommen, ich wollte ihn dingen, mit Sing und Sang bei meinen Festen aufzutreten. Seine Antworten waren sonderbar und räthselhaft. Eines Wortes erinnre ich mich eben vollkommen, das er mit tief bekümmerter Miene sagte: sein Gesang möchte Rabengesang seyn in die Hochzeitfreuden. – Den Tag darauf fehlte er auf dem Schlosse, und niemand wußte, wenn, noch welchen Weg er gegangen. Mehrere Bewegungen, Kleinigkeiten, häuften sich zu der Zeit zusammen, die mich für den Augenblick nachdenkend machten – aber Mangel an Nahrung entfernte seitdem den schwankenden Argwohn aus meinem Kopf,

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1790–1791, Seite 24. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band3_Heft9_024.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)