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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.

um nichts mehr, als bewundert zu werden. Sie, in deren reinen Herzen wir unsern Werth wie in einer lautern Quelle spiegeln sollen, will uns in Verwegenheit und Kühnheit voran gehen. Die innige aber verschloßne Kraft edler weiblicher Seelen, die sich nur zeigt, wenn sie muß, und uns dann den Adel der Menschheit offenbaret; jene schöne Empfindsamkeit, die unsern Starrsinn besänftigt; jene willige Auffassung auch des Kleinen, das sie umringt, und die ihnen einen Späherblick gewährt, der oft unsere schulgerechte Einsicht beschämt, wird zur Empfindeley umgeschaffen, wird zur Intrigue, zu Coquetterie verbraucht, um uns in ihren Ketten als Sklaven zu beherrschen. Die Reize der Liebe, dieser einzige Genuß, der das Ganze des Menschen ausfüllt, der wie ein Lorbeer unsern Scheitel vor Unmuth beschützen sollte, wenn uns die Arbeit zum Wohl der Menschen sauer wird, werden in Künste der Buhlerey verwandelt, wodurch das Weib uns in ihre Arme locket, um uns im thierischen Genusse die Menschheit vergessend zu machen. Ich sehe keine Hülfe, es wird immer ärger mit uns!


Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1790–1791, Seite 138. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band3_Heft12_138.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)