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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.

als Gewaltthätigkeit angesehen werden, weil sie noch das Einzige ist, was ihn sein Unglück vergessen läßt, und der Mensch, vom göttlichen Geiste beseelt, fühlt sich nur dann selig, wenn er es im viehischen Genusse vergißt. Alles Heilige wird ihm ein Phantom, womit man nur Kinder schrecken kann, und dieß bereitet jedem frechen Spötter Triumpf. Die Meisten, durch schwere Arbeiten erdrückt; durch Schwelgerey erschöpft, oder aus Mangel aller Uebung kraftlos, fliehen alles, was Anstrengung erfordert; wahre Wissenschaft wird immer das Eigenthum Wenigerer, und die Tugend verbirgt sich in die Einsamkeit, weil sie, da ihr Aeußeres nur noch als Maske des Lasters gebraucht wird, keine Hoffnung mehr hat, anerkannt, sondern sich fürchten muß, mit dieser verwechselt zu werden. Die höhere Menschheit sinkt unter, wie diese Abendsonne, deren lezte Stralen auch nur noch von wenigen gesehen werden, weil vielen von erniedrigenden Arbeiten die Zeit geraubt wird, und viele nun schon im Flimmer der Lichter schwelgen.


Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1790–1791, Seite 135. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band3_Heft12_135.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)