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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.

Liebenswürdigkeit nichts verlohren, nur daß er nicht mehr so weich ist. Liebe war aber auch öfters beynahe Ursache an der Trennung ihrer Freundschaft, denn da er meistens liebte, ohne daß die Person den Werth hatte, den Heimdal von ihr foderte, da er seine Liebe blos deswegen schenkte, weil er sich geliebt glaubte, und dieser also seine Liebe mißbilligte, so sahe Balder nun in seinem Freund einen Tyrannen, gegen den er doch auch einmal seine Rechte geltend machen müßte. Heimdal behandelte ihn wie einen Kranken, an dessen Unwillen er sich nicht kehren dürfte, wenn er eine Operation an ihm vornehmen müßte, uns so wurde die Sache immer wieder in das alte Geleiß gebracht. Balders Gefühl für alles Schöne und Gute außer ihm artete oft in Mißtrauen gegen sich selbst aus, und deswegen war ihm auch fast alles wichtig, was Heimdal, Mimer, und andre, die er seiner Achtung würdig fand, über dieß oder jenes sprachen, schrieb es auf, und diesem Fleiße danke ich die folgenden Gespräche. Eben diese Mißtrauen war auch eine Ursache mit, daß er immer gerne etwas gut fand, weil er leicht glaubte, der Fehler läge nur an ihm, daß er das Gute nicht einsehe. Sein Sanguinisches Temperament, und daß er sich beinahe von jedermann geliebt findet, mag aber die Hauptursache seyn, daß er auch jezt noch alles mehr von der schönen Seite ansieht.

Diese beiden jungen Freunde genießen die Freundschaft eines würdigen Greißen, dessen Charakter keiner

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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1790–1791, Seite 105. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band3_Heft12_105.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)