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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.

Bewegungen, und weil Sittenverfeinerung und der wollüstige Gebrauch der Reichthümer den Geschmack bilden, und das Talent entwickeln: so brachten ähnliche Umstände unter dem französischen Eroberer ähnliche Wirkung hervor. Sein ungründlicher Ruhm, der in der getäuschten Nation eine zufriedne Resignation über die Staatsangelegenheiten hervorbrachte, und seine eifersüchtige Unumschränktheit, die eine völlige Ergebung erzwang, erlaubten der Litteratur nicht, Geschichte und Staatsverwaltung ihrem Gebiete beizugesellen. Niemand hatte noch dran gedacht, die Verfeinerung der Sprache und des Geschmacks für allgemeine Aufklärung und für Vertheidigung der Rechte der Vernunft und der Menschheit anzuwenden, bis Voltäre, dessen ausserordentlicher Geist alle Sphären der Litteratur umfaßte, noch mit dieser schönen Eroberung sie bereicherte.

Die Philosophie, auf Beobachtung und Erfahrung gestüzt, fieng an, ihr Licht auf alle Klassen und Stände zu werfen. Mit ihrer Hülfe wurden Vorurtheile angegriffen, oder geschwächt, oder verdrängt, die sich seit Jahrhunderten unverletzlich erhalten hatten. Man ahndete und verdammte Misbräuche jeder Art. Allein noch niemand hatte den Muth gehabt, das Uebel bis zu seinen tiefsten Wurzeln zu verfolgen, und die Heilungsmittel aus den ersten Quellen der Natur zu schöpfen: Niemand hatte noch, Tugend und Wahrheit, und Einfalt zu verschönern, oder Irrthum und Laster, und

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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1790–1791, Seite 48. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band3_Heft12_048.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)