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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.

ganz andere Nation beleuchtet. Allein unvorbereitet geschah nichts, und von Zeit zu Zeit war der scharfe Blick einiger Staatsmänner und Weisen durch den dichten Nebel gedrungen, und hatte die nahe große Veränderung vorausgesagt. Nun sie erfolgt ist, ist es leichter geworden, ihre Ursachen wahrzunehmen, und das Auge des Beobachters verweilt zuweilen mit erstauntem Bedenken auf Erscheinungen, über die sein Blick ehmals unachtsam hingleitete.

Lange waren die Könige von Frankreich nicht viel mehr, als die Lehnsherrn mächtiger und beinah unabhängiger Vasallen gewesen. Der Staat ward nach Gesetzen regiert, welche die verschiednen Bedürfnisse, Sitten und Meinungen verschiedner Nationen verschieden gebildet hatten. Einige, aus den Zeiten der ersten Gleichheit übrig geblieben, besonders derjenigen, welche in den germanischen Wäldern lange bestanden war, und durch Gewohnheit und Alterthum geheiligt, standen immer höher, als die königliche Macht. Andre, vom Rechte des Stärkern hergeleitet, oder auf Unwissenheit und Aberglauben gestüzt, beleidigten die edelsten Rechte des Menschen und des Bürgers. Alle, dunkeln und ungewissen Ursprungs, und Bruchstücke zertrümmerter Verfassungen, hatten keinen gültigen Bürgen ihrer Weisheit und ihrer Dauer. Daher sah der Staat, einer festen Grundlage beraubt, die Macht des Monarchen bald zu einer ungeheuren Höhe emporsteigen, bald

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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1790–1791, Seite 32. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band3_Heft12_032.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)