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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.

Die Beute meines Vaters, angethan mit Glanz-
Gewändern, [1] und mit goldnen Spangen; - aber noch
Klebt an der Wand des Vaters Blut. Und, der ihn schlug,
Besteigt mit kühnem Trotz den Wagen deß, der mich
Gezeugt, und hält das Zepter, das ganz Griechenland
Verehrte, boshaft in der blutbefleckten Hand.
Und – meines Vaters Grabmal steht entweiht,
Von keinem Zweig bekränzt, von keinem Opfertrank
Begossen, alles Todten-Schmucks beraubt.
Mit trunknem Wahnsinn höhnt der treffliche Gemahl
Der Mutter seinen Grabeshügel, stampft,
Und wirft mit Steinen ihn, - und wagt’s, zu mir
Mit höhnisch-bitterm Spott zu sagen, wo ist nun
Der Knab’ Orestes, kommt er bald, die Schmach
Des väterlichen Grab’s zu rächen? – so beschimpft
Den fernen Bruder mir der Bösewicht.
Ich bitte dich, o Fremdling! sag ihm alles das;
Im Namen vieler Freunde ruf ich ihn zurück;
Der Geist des Hingewürgten, meine Schwülen-Hand,
Mein Mund voll Klagen, mein geschor’nes Haupt,
Mein Herz voll Jammers, alles ruft ihn her.

  1. Jüdische Gewande sagt der Text. Sie wurden in der Gegend des Berges Ida in Phrygien verfertigt, und waren außerordentlich kostbar, von weisser feiner Leinwand mit Purpur und allerlei künstlichen Figuren von Vögeln, Thieren etc. durchwirkt.
Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1790–1791, Seite 21. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band3_Heft12_021.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)