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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.

     Gallien, von Dankgefühl durchglühet
bringt dir heut der Huldigungen viel –
Dir o Geist der Freiheit, ihrem Schöpfer
rührt die Freude dort ihr goldnes Spiel.

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     Dort, wo unter dem verhaßten Drucke

weniger Tyrannen, denen nie
Menschlichkeit im Busen schlug, vergebens
nach Gerechtigkeit die Unschuld schrie.

     Dort hebt endlich – so bewegt des Meeres

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stillen Spiegel zürnend der Orkan –

die verstummte Menschheit ihre Stimme
hält der Willkühr stolzen Zügel an.

     Freiheit adelt! und nach ihr zu ringen
ist der Kräfte jedes Edlen werth,

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ist auch jedem nicht die Siegespalme

von des Schicksals hoher Hand beschert.

     Sinkt ihr rückwärts vom erstiegnen Gipfel
in der Knechtschaft fürchterlichen Schooß,
jeder Edle wird euch Thränen weihen!

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– doch auch dann bleibt, was ihr thatet, groß! –


     Doch hinweg die schwarze Ahndung heute,
wo der Freude süße Thräne rinnt,
wo von hohem Selbstgenusse trunken
dreimal glücklich Frankreichs Bürger sind.

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     Unbekümmert ob die Sein’, der Ganges,

ob der Nil durch seine Länder fließt,
nehm ich Theil an jedes Volkes Freude,
das der Freiheit goldnes Glück genießt.

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1790–1791, Seite 142. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band3_Heft11_142.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)