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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.

aber haben Mühe sich von aristokratischem Despotismus ganz rein zu erhalten. Zwischen beyden eine glückliche Mitte zu treffen, ist das schwerste Problem, das die kommenden Jahrhunderte erst auflösen sollen. Bewundernswerth bleibt mir immer der Geist, der den Solon bey seiner Gesetzgebung beseelte, der Geist der gesunden und ächten Staatskunst, die das Grundprinzipium worauf alle Staaten ruhen müssen, nie aus den Augen verlor: sich selbst die Gesetze zu geben, denen man gehorchen soll, und die Pflichten des Bürgers aus Einsicht und aus Liebe zum Vaterland, nicht aus sklavischer Furcht vor der Strafe, nicht aus blinder und schlaffer Ergebung in den Willen eines Obern zu erfüllen.

Schön und trefflich war es von Solon, daß er Achtung hatte für die menschliche Natur, und nie den Menschen dem Staat, nie den Zweck dem Mittel aufopferte, sondern den Staat dem Menschen dienen ließ. Seine Gesetze waren laxe Bänder, an denen sich der Geist der Bürger frey und leicht nach allen Richtungen bewegte, und nie empfand, daß sie ihn lenkten; die Gesetze des Lykurgus waren eiserne Fesseln, an denen der kühne Muth sich wund rieb, die durch ihr drückendes Gewicht den Geist niederzogen. Alle mögliche Bahnen schloß der atheniensische Gesetzgeber dem Genie und dem Fleiß seiner Bürger auf, der spartanische Gesetzgeber vermauerte den seinigen alle bis auf eine einzige – das politische Verdienst. Lykurg befahl den Müssiggang durch

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1790–1791, Seite 75. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band3_Heft11_075.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)