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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.

gleiche gemeinschaftliche Armuth fiel die Vergleichung der Glücksumstände weg, die in den meisten Menschen die Gewinnsucht entzündet; der Wunsch nach Besitzthümern fiel mit der Gelegenheit hinweg, sie zu zeigen und zu nutzen. Durch die tiefe Unwissenheit in Kunst und Wissenschaft, welche alle Köpfe in Sparta auf gleiche Art verfinsterte, verwahrte er es vor Eingriffen, die ein erleuchteter Geist in die Verfassung gethan haben würde; eben diese Unwissenheit mit dem rauhen Nationaltrotz verbunden, der jedem Spartaner eigenthümlich war, stand ihrer Vermischung mit andern griechischen Völkern unaufhörlich im Wege. In der Wiege schon waren sie zu Spartanern gestempelt, und je mehr sie andern Nationen entgegen stießen, desto fester mußten sie an ihrem Mittelpunkt halten. Das Vaterland war das erste Schauspiel, das sich dem spartanischen Knaben zeigte, wenn er zum denken erwachte. Er erwachte im Schooß des Staats, alles was um ihn lag, war Nation, Staat und Vaterland. Es war der erste Eindruck in seinem Gehirne, und sein ganzes Leben war eine ewige Erneuerung dieses Eindrucks.

Zu Hause fand der Spartaner nichts, das ihn hätte fesseln können; alle Reitze hatte der Gesetzgeber seinen Augen entzogen. Nur im Schooße des Staats fand er Beschäfftigung, Ergötzung, Ehre, Belohnung; alle seine Triebe und Leidenschaften waren nach diesem Mittelpunkt hingeleitet. Der Staat hatte also die ganze Energie, die Kraft aller seiner einzelnen Bürger, und an dem Gemeingeiste der alle zusammen entflammte

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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1790–1791, Seite 44. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band3_Heft11_044.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)