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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.

Man führt das Beispiel des Dejoces in Medien an, dem das Volk die königliche Würde freiwillig übertrug, nachdem er sich demselben als Richter nützlich gemacht hatte. Aber man thut Unrecht, dieses Beispiel auf die Entstehung des Ersten Königs anzuwenden. Als die Meder den Dejoces zu ihrem Könige machten, so waren sie schon ein Volk, schon eine formirte politische Gesellschaft; in dem vorliegenden Falle hingegen sollte durch den Ersten König die erste politische Gesellschaft entstehen. Die Meder hatten das drückende Joch der Assyrischen Monarchen getragen, der König von dem jetzt die Rede ist, war der erste in der Welt, und das Volk, das sich ihm unterwarf, eine Gesellschaft freigebohrner Menschen, die noch keine Gewalt über sich gesehn hatten. Eine schon ehmals geduldete Gewalt läßt sich sehr gut auf diesem ruhigen Weg wieder herstellen, aber auf diesem ruhigen Weg läßt sich eine ganz neue und unbekannte nicht einsetzen.

Es scheint also dem Gang der Dinge gemäßer, daß der Erste König ein Usurpator war, den nicht ein freiwilliger einstimmiger Ruf der Nation (denn damals war noch keine Nation) sondern Gewalt und Glück und eine schlagfertige Miliz auf den Thron setzen.

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1790–1791, Seite 29. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band3_Heft11_029.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)