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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.

Der erste Unterschied der Stände. Der Reiche wurde reicher durch des armen Fleiß; seinen Reichthum zu vermehren, vermehrte er also die Zahl seiner Knechte; viele also sah er um sich, die minder glücklich als er waren, viele hiengen von ihm ab. Der Reiche fühlte sich und wurde stolz. Er fieng an, die Werkzeuge seines Glückes mit Werkzeugen seines Willens zu verwechseln. Die Arbeit vieler kam ihm, dem Einzigen, zu gute; also schloß er, diese vielen seyen des Einzigen wegen da – Er hatte nur einen kleinen Schritt zum Despoten.

Der Sohn des Reichen fieng an, sich besser zu dünken, als die Söhne von seines Vaters Knechten. Der Himmel hatte ihn mehr begünstigt als diese; er war dem Himmel also lieber. Er nannte sich Sohn des Himmels, wie wir Günstlinge des Glücks, Söhne des Glücks nennen.

Gegen ihn, den Sohn des Himmels, war der Knecht nur ein Menschensohn. Daher in der Genesis der Unterschied zwischen Kinder Elohims und Kindern der Menschen.

Das Glück führte den Reichen zum Müssiggang, der Müssiggang führte ihn zur Lüsternheit und endlich zum Laster. Sein Leben auszufüllen, mußte er die Zahl seiner Genüße vermehren, schon reichte das gewöhnliche Maas der Natur nicht mehr hin, den Schwelger zu befriedigen, der in seiner trägen Ruhe auf Ergötzungen sann.

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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1790–1791, Seite 21. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band3_Heft11_021.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)