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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.

gleich gewesen sey, so ordnete schon die Natur, was der Mensch nicht geordnet hätte. Jeder nahm nur eine Gattinn, weil nur eine für ihn übrig war.

Wenn sich nun endlich in der Anzahl beider Geschlechter auch ein merkliches Mißverhältniß zeigte, und Wahlen statt fanden, so war diese Ordnung durch Observanz einmal befestigt, und niemand wagte es so leicht, die Weise der Väter durch eine Neuerung zu verletzen.

Eben so, wie die Ordnung der Ehen, richtete sich auch ein gewisses natürliches Regiment in der Gesellschaft von selbst ein. Das väterliche Ansehn hatte die Natur gegründet, weil sie das hülflose Kind von dem Vater abhängig machte, und es vom zarten Alter an gewöhnte, seinen Willen zu ehren. Diese Empfindung mußte der Sohn sein ganzes Leben hindurch beibehalten. Wurde er nun auch selbst Vater, so konnte sein Sohn denjenigen nicht ohne Ehrfurcht ansehen, dem er von seinem Vater so ehrerbietig begegnet sah, und stillschweigend mußte er dem Vater seines Vaters ein höheres Ansehn zugestehen. Dieses Ansehn des Stammherrn mußte sich in gleichem Grade mit jeder Vermehrung der Familie, und mit jeder höhern Stuffe seines Alters vermehren, und die größere Erfahrenheit, die Frucht eines so langen Lebens, mußte ihm ohnehin über jeden der jünger war, eine natürliche Ueberlegenheit geben. In jeder strittigen Sache war der Stammherr also die letzte Instanz, und durch die lange Beobachtung

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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1790–1791, Seite 19. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band3_Heft11_019.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)