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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.

die man deßhalb auch Kistophoren nannte. Keinem, als dem Hierophanten war es erlaubt, diesen Kasten aufzudecken, oder ihn auch nur zu berühren. Von einem der die Verwegenheit gehabt hatte, ihn zu eröffnen, wird erzählt, daß er plötzlich wahnsinnig geworden sey.

In den egyptischen Mysterien stieß man ferner auf gewisse hieroglyphische Götterbilder, die aus mehreren Thiergestalten zusammengesetzt waren. Das bekannte Sphinx ist von dieser Art; man wollte dadurch die Eigenschafften bezeichnen, welche sich in dem höchsten Wesen vereinigen, oder auch das Mächtigste aus allen Lebendigen in einen Körper zusammenwerfen. Man nahm etwas von dem mächtigsten Vogel oder dem Adler, von dem mächtigsten wilden Thier oder dem Löwen, von dem mächtigsten zahmen Thier oder dem Stier, und endlich von dem mächtigsten aller Thiere dem Menschen. Besonders wurde das Sinbild des Stiers oder des Apis als das Emblem der Stärke gebraucht, um die Allmacht des höchsten Wesens zu bezeichnen, der Stier aber heißt in der Ursprache Cherub.

Diese mystischen Gestalten, zu denen niemand als die Epopten den Schlüssel hatten, gaben den Mysterien selbst eine sinnliche Außenseite, die das Volk täuschte, und selbst mit dem Götzendienst etwas gemein hatte. Der Aberglaube erhielt also durch das äußerliche Gewand der Mysterien eine immerwährende Nahrung, während daß man im Heiligthum selbst seiner spottete.

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1790–1791, Seite 19. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band3_Heft10_019.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)