Seite:De Thalia Band2 Heft7 117.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Zweiter Band welcher das V. bis VIII. Heft enthält
Raphael an Julius

einen höhern Genuß nur deswegen kennen lernen, um das Peinliche meiner Beschränkung doppelt zu fühlen?“

Und doch ist es eben dieß niederschlagende Gefühl, was ich bei Dir so gern unterdrücken möchte. Alles zu entfernen, was Dich im vollen Genuß Deines Daseins hindert, den Keim jeder höhren Begeisterung – das Bewußtsein des Adels Deiner Seele – in Dir zu beleben, dieß ist mein Zweck. Du bist aus dem Schlummer erwacht, in den Dich die Knechtschaft unter fremden Meinungen wieget. Aber das Maaß von Größe, wozu Du bestimmt bist, würdest Du nie erfüllen, wenn Du im Streben nach einem unerreichbaren Ziele Deine Kräfte verschwendetest. Bis jetzt mochte dieß hingehen, und war auch eine natürliche Folge Deiner neuerworbenen Freiheit. Die Ideen, welche Dich vorher am meisten beschäftigt hatten, mußten nothwendig der Thätigkeit Deines Geistes die erste Richtung geben. Ob dieß unter allen möglichen die fruchtbarste sei, würden Dich Deine eignen Erfahrungen früher oder später belehrt haben. Mein Geschäft war bloß, diesen Zeitpunkt, wo möglich, zu beschleunigen.

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Zweiter Band welcher das V. bis VIII. Heft enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1788–1789, Seite 117. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band2_Heft7_117.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)