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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Zweiter Band welcher das V. bis VIII. Heft enthält

ein Altarblatt zu mahlen. Er hatte drei andre Gemählde mitgebracht, die er für die Galerie im Kornarischen Pallaste bestimmt hatte. Die Gemählde waren eine Madonna, eine Heloise und eine fast ganz unbekleidete Venus – alle drei von ausnehmender Schönheit, und bei der höchsten Verschiedenheit am Werthe einander so gleich, daß es beinahe unmöglich war, sich für eines von den dreien ausschließend zu entscheiden. Nur der Prinz blieb nicht einen Augenblick unschlüssig; man hatte sie kaum vor ihm ausgestellt, als das Madonnastück seine ganze Aufmerksamkeit an sich zog; in den beiden übrigen wurde das Genie des Künstlers bewundert, bei diesem vergaß er den Künstler und seine Kunst, um ganz im Anschauen seines Werks zu leben. Er war ganz wunderbar davon gerührt; er konnte sich von dem Stücke kaum losreissen. Der Künstler, dem man wohl ansah, daß er das Urtheil des Prinzen im Herzen bekräftigte, hatte den Eigensinn, die drei Stücke nicht trennen zu wollen, und forderte 1500 Zecchinen für alle. Die Hälfte bot ihm der Prinz für dieses einzige an – der Künstler bestand auf seine Bedingung, und wer weiß, was noch geschehen wäre, wenn sich nicht ein entschlossenerer Käufer gefunden hätte. Zwei Stunden darauf waren alle drei Stücke weg; wir haben sie nicht mehr gesehen. Dieses Gemählde kam dem Prinzen jezt in Erinnerung.)

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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Zweiter Band welcher das V. bis VIII. Heft enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1788–1789, Seite 80. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band2_Heft7_080.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)