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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Zweiter Band welcher das V. bis VIII. Heft enthält

der, ein Licht in der Hand, vor meinem Bette stand. Er könne nicht einschlafen, sagte er; und bath mich, ihm die Nacht verkürzen zu helfen. Ich wollte mich in meine Kleider werfen – er befahl mir zu bleiben, und sezte sich zu mir vor das Bette.

„Es ist mir heute etwas vorgekommen, fieng er an, davon der Eindruck aus meinem Gemüthe nie mehr verlöschen wird. Ich gieng von Ihnen, wie Sie wissen, in die ***Kirche, worauf mich Civitella neugierig gemacht, und die schon von ferne meine Augen auf sich gezogen hatte. Weil weder Sie noch Er mir gleich zur Hand waren, so machte ich die wenigen Schritte allein; Biondello ließ ich am Eingange auf mich warten. Die Kirche war ganz leer – eine schaurigkühle Dunkelheit umfieng mich, als ich aus dem schwülen, blendenden Tageslicht so auf einmal hineintrat. Ich sah mich einsam in dem weiten Gewölbe, worin eine feierliche Grabstille herrschte. Ich stellte mich in die Mitte des Doms und überließ mich der ganzen Fülle dieses Eindrucks; allmählig traten die großen Verhältnisse dieses majestätischen Baues meinen Augen bemerkbarer hervor, ich verlor mich in ernster ergötzender Betrachtung. Die Abendglocke tönte über mir, ihr Ton verhallte sanft in diesem Gewölbe, wie in meiner Seele. Einige Altarstücke hatten von weitem meine Aufmerksamkeit

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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Zweiter Band welcher das V. bis VIII. Heft enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1788–1789, Seite 77. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band2_Heft7_077.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)