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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Zweiter Band welcher das V. bis VIII. Heft enthält
Iphigenie in Aulis – Teil 2

du aber, Mutter, lade nicht vergeblich
der Griechen Zorn auf dich, und stürze mir

1695
den großmuthsvollen Mann nicht in’s Verderben.

Vernimm jezt, was ein ruhig Ueberlegen
mir in die Seele gab. Ich bin entschlossen
zu sterben – aber ohne Widerwillen
aus eig’ner Wahl, und ehrenvoll zu sterben!

1700
Hör’ meine Gründe an, und richte selbst.

Das ganze große Griechenland hat jezt
die Augen auf mich Einzige gerichtet.
Ich mache seine Flotte frei – durch mich
wird Phrygien erobert. Wenn fortan

1705
kein griechisch Weib mehr zittern darf, gewaltsam

aus Hellas sel’gem Boden weggeschleppt
zu werden von Barbaren, die nunmehr
für Paris Frevelthat so fürchterlich
bezahlen müssen – aller Ruhm davon

1710
wird mein seyn Mutter. Sterbend schütz’ ich sie.

Ich werde Griechenland errettet haben,
und ewig selig wird mein Nahme strahlen.
Wozu das Leben auch so ängstlich lieben?
Nicht dir allein – du hast mich allen Griechen

1715
gemeinschaftlich gebohren. Sieh’ dort! Sieh’

die Tausende, die ihre Schilde schwenken,
dort andre Tausende, des Ruders kundig,
entbrannt von edelm Eifer kommen sie,
die Schmach des Vaterlands zu rächen, gegen

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Zweiter Band welcher das V. bis VIII. Heft enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1788–1789, Seite 44. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band2_Heft7_044.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)