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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Zweiter Band welcher das V. bis VIII. Heft enthält
Iphigenie in Aulis – Teil 2

1155
als Mäßigung. Geraden Sinn schöpft’ ich

in Chirons Schule, des Vortrefflichen.
Wo sie gerechtes mir befehlen, finden
gehorsam die Atriden mich, die Stirne
von Erzt, wo sie unbilliges gebiethen.

1160
Frei kam ich her, frei will ich Troja sehn,

und den Achiverkrieg, was an mir ist,
mit meines Armes Heldenthaten zieren.
Du jammerst mich. Zu viel erleidest du
von dem Gemahl, von Menschen deines Blutes.

1165
Was diesem jungen Arme möglich ist,

erwart’s von mir! – Er soll dein Kind nicht schlachten.
An eine Jungfrau, die man mein genannt,
soll kein Atride Mörderhände legen.
Es soll ihm nicht so hingehn, meines Nahmens

1170
zu seinem Mord mißbraucht zu haben!

Mein Nahme, der kein Eisen aufgehoben,
mein Nahme wär’ der Mörder deiner Tochter,
und Er, der Vater, hätte sie erschlagen.
Doch theilen würd’ ich seines Mordes Fluch,

1175
wenn meine Hochzeit auch den Vorwand nur

gegeben hätte, so unwürdig, so
unmenschlich, ungeheuer, unerhört,
die unschuldsvolle Jungfrau zu mißhandeln.
Der Griechen lezter müßt’ ich seyn, der Menschen

1180
verächtlichster, ja hassenswerther selbst

Als Menelaus müßt’ ich seyn[1]. Mir hätte


  1. [65] Ja, hassenswerther selbst als Menelaus müßt’ ich seyn.) Der griechische Achilles drückt sich beleidigender aus. „Ich wäre gar nichts und Menelaus lief in der Reihe der Männer.“ Hassen konnte man den Menelaus als den Urheber dieses Unglücks, aber Verachtung verdiente er darum nicht.
Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Zweiter Band welcher das V. bis VIII. Heft enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1788–1789, Seite 14. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band2_Heft7_014.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)