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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Zweiter Band welcher das V. bis VIII. Heft enthält

„Der Thron wäre also nach Ihrer Meinung vorzugsweise eine solche Gelegenheit? Sagen Sie mir doch – wenn der König regieret, was thut der Philosoph in seinen Reichen?“

Er denkt.

„Und was thut der König, wenn er regieret?“

Er denkt.

„Und wenn der wachsame Philosoph schläft, was thut der wachsame König?“

Er schläft.

„Nehmen Sie zwei brennende Kerzen, eine davon stehe in einer Bauerstube, die andre soll in einem prächtigen Saale einer fröhlichen Gesellschaft leuchten. Was werden sie beide?“

Sie werden leuchten. Aber eben das spricht für mich – Beide Kerzen, nehmen wir an, brennen gleich lang und gleich helle, und verwechselte man ihre Bestimmung, so würde niemand einen Unterschied merken. Warum soll die eine darum vortrefflicher seyn, weil der Zufall sie begünstigte, in einem glänzenden Saal Pracht und Schönheit zu zeigen, warum soll die andre schlechter seyn, weil der Zufall sie dazu verdammte, in einer Bauernhütte Armuth und Kummer sichtbar zu machen? Und doch folgte dieß nothwendig aus ihrer Behauptung?

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Zweiter Band welcher das V. bis VIII. Heft enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1788–1789, Seite 137. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band2_Heft6_137.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)