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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Zweiter Band welcher das V. bis VIII. Heft enthält
Iphigenie in Aulis – Teil 1

Clytemnestra.
 Nein!

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Bei Argos königlicher Göttinn! Nein!

Du hast dich weggemacht in’s Ausland! Dort
mach’ dir zu thun![1] Mich laß im Hause walten,
und meine Töchter wie sich’s ziemt vermählen.
(sie geht ab.)

Agamemnon (allein.)
Ach! zu entfernen hofft’ ich sie! – Ich habe

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umsonst gehofft. Umsonst bin ich gekommen.

So häuff’ ich Trug auf Trug, berücke die,
die auf der Welt das Theuerste mir sind,
durch schnöde List und alles spottet meiner!
Nun will ich gehn und was der Göttinn wohl

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gefällt und mir so wenig Segen bringet,

und allen Griechen so belastend ist,
vom Seher Kalchas näher auskundschaften.
Wer’s aber mit sich selbst gut meint, der nehme
ja eine Gattinn, die gefällig ist

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und sanften Herzens – oder lieber keine!

(er geht ab.)


  1. [63] Du hast dich weggemacht in’s Ausland. Dort mach’ dir zu thun.) Ἐλθὼν δὲ, τἄξω πρᾶσσε. In diesem ἐλθὼν liegt, dünkt mir, ein bestimmterer und schärferer Sinn, als andre Uebersetzer darein gelegt haben. Clytemnestra nehmlich macht ihrem Gemahl den versteckten Vorwurf, daß er die Seinigen verlassen habe, um sich einer auswärtigen Unternehmung zu widmen, Er habe sich seiner Hausrechte dadurch begeben, will sie sagen. Er sei ein Fremder. Du hast dich hinaus gemacht, so bekümmre dich um Dinge, die draußen sind!
Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Zweiter Band welcher das V. bis VIII. Heft enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1788–1789, Seite 55. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band2_Heft6_055.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)