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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Zweiter Band welcher das V. bis VIII. Heft enthält

Westhausen ist mir unerträglich. Sein Blick ist mir unerträglich. Wenn er mich mit dem großen freien Auge ansieht, durchbohrt's wie ein Dolch mein Innerstes. So rede denn, und rathe! Was wollen wir thun? Wollen wir ihn senden zu seinem Abgott, Herrmann? Du verstehst mich doch? Soll er sterben von seines Bruders, von seines Wirthes Hand? – Nicht? Du schauderst? – O das ist schlimm. Du hast nicht recht an mir gehandelt. Ich hofte, du würdest meine Seele lehren, sich nicht mehr vor Blut zu entsetzen. Diese einzige Schuld drückt mich zu Boden. Warum hast du dein angefangenes Werk liegen lassen? Ein halber Bösewicht ist ein trauriges Geschöpf.

Mathilde. Ich habe das nicht um dich verdient, ich habe es nicht verdient, und mein Herz klagt mich nicht an wegen einer That, der ich deinen Besitz verdanke. Aber fahre fort, mich mit Vorwürfen zu foltern; nur bedenke, daß mit jedem Augenblick der Herzog kommen kann, rufe deswegen wenigstens deine Fassung zurück –

Konrad. Was kann es dem Herzog schaden, wenn er mich elend sieht? Er hat ein fürstliches Gewissen; ein Fürst kann seine Verbrechen adeln –

Mathilde. O Konrad, und kann das die Liebe nicht auch?



Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Zweiter Band welcher das V. bis VIII. Heft enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1788–1789, Seite 49. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band2_Heft5_049.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)