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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Zweiter Band welcher das V. bis VIII. Heft enthält

später verweis't. Wie das Auge der Gottheit schien das heimliche Gericht über dem Volke zu schweben, und in die verborgensten Tiefen der Herzen zu schauen. Erhaben über die Furchtsamkeit des plumpen Götzen, den die Menschen Gerechtigkeit nennen, habt Ihr es gewagt nach Allwissenheit zu streben. Strenger, unbestechlicher vertretet Ihr die Stelle des Gewissens in den Seelen der Menschen. Eure Gegenwart scheut der Frevler überall, denn er sieht sie nirgends, und der leise Gedanke in seiner Brust kann ihn an Euch verrathen. Jeder Baum, an dem der Meineidige, der Heuchler vorbei geht, droht sein Hochgericht zu werden; mit jedem Schritt, den er thut, kann der Himmel über ihm sich öffnen, und Strafengel herabsenden ihn zu tödten. Ihr wolltet die Meinung der Menschen fesseln, Ihr wolltet Götter sein in ihren Augen. Das war Euer Ziel, und das habt Ihr erreicht.

Albert. Haben wir? und Ihr bedenkt Euch noch? – Ihr seid unser, Heinrich. Wahrlich, Ihr seid unser; Ihr wart es schon, eh' ich Euch sah.

Heinrich. Einen Augenblick, Ritter. Nur der fürchterliche unzerstörbare Zusammenhang aller Eurer Handlungen hat Euch zu diesem Ziele geführt. Aber ich fürchte diesen Zusammenhang. Den kleinsten Riß in Euerm Gebäude zu verhüten, dürft Ihr nicht anstehen Menschenleben



Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Zweiter Band welcher das V. bis VIII. Heft enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1788–1789, Seite 34. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band2_Heft5_034.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)