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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Erster Band welcher das I. bis IV. Heft enthält

ist unter uns“ rief sie, riß ihre Krone vom Haupt, und legte sie – zu den Füßen des Prinzen. Alles was da war, richtete hier die Augen auf ihn, lange Zeit ungewiß, ob Bedeutung in diesem Gaukelspiel wäre, so sehr hatte der affektvolle Ernst dieser Spielerin getäuscht – ein allgemeines Händeklatschen des Beifalls unterbrach endlich diese Stille. Meine Augen suchten den Prinzen. Ich bemerkte, daß er nicht wenig betroffen war und sich Mühe gab den forschenden Blikken der Zuschauer auszuweichen. Er warf Geld unter diese Kinder und eilte aus dem Gewühle zu kommen.

Wir hatten nur wenige Schritte gemacht, als ein ehrwürdiger Barfüßer sich durch das Volk arbeitete und dem Prinzen in den Weg trat. „Herr, sagte der Mönch, gib der Madonna von deinem Golde, du wirst ihr Gebet brauchen“ Er sprach diß mit einem Tone der uns betreten machte. Das Gedränge riß ihn weg.

Unser Gefolge war unterdessen gewachsen. Ein englischer Lord, den der Prinz schon in Nizza gesehen hatte, einige Kaufleute aus Livorno, ein deutscher Domherr, ein französischer Abbé mit einigen Damen, und ein rußischer Offizier gesellten sich zu uns. Die Phisionomie des leztern hatte etwas ganz ungewöhnliches, das unsre Aufmerksamkeit an sich zog. Nie in meinem Leben sah ich so viele Züge, und so wenig Karakter, so viel anlokkendes Wohlwollen mit so viel zurükstoßendem Frost in einem Menschengesichte beisammen

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Erster Band welcher das I. bis IV. Heft enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1785–1787, Seite 80. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band1_Heft4_080.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)