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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Erster Band welcher das I. bis IV. Heft enthält


II.

Epistel an das Leben.






Gabe! die mir ward gegeben,
als mein Auge, halbgebaut,
noch mit Dunkel war umgeben,
Huldgeschenk! mir anvertraut,

5
Schöpfergabe, süßes Leben!

dich besiz ich lange schon
und ward dich nicht überdrüßig,
sprach dir keinen bittern Hohn,
wenn das Unglük riesenfüßig

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mich verfolgte, wenn der Gram

mir mein Herz zernagen wollte,
und der Tag mich wekken kann
daß ich Kummer weinen sollte;
niemals hab ich meinen Haß

15
dir gezürnt, wenn mich getreten

wer von meinem Bissen aß;
niemals hab ich Gott gebeten
dich zu nehmen, wenn ein Sturm
über mir ist losgebrochen,

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oder über Nacht ein Wurm

einen Kürbis hat gestochen
dessen Laub mir Schatten gab.

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Erster Band welcher das I. bis IV. Heft enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1785–1787, Seite 3. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band1_Heft4_003.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)