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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Erster Band welcher das I. bis IV. Heft enthält

der Vereinigung aller dieser Substanzen ein göttliches Wesen hervorgehen. Die vorhandene Form des Naturgebäudes ist das optische Glas, und alle Thätigkeiten der Geister nur ein unendliches Farbenspiel jenes einfachen göttlichen Strales. Gefiel es der Allmacht dereinst, dieses Prisma zu zerschlagen, so stürzte der Damm zwischen ihr und der Welt ein, alle Geister würden in einem unendlichen untergehen, alle Akkorde in einer Harmonie in einander fließen, alle Bäche in einem Ozean aufhören.

Die Anziehung der Elemente brachte die körperliche Form der Natur zu Stande. Die Anziehung der Geister in’s Unendliche vervielfältigt und fortgesezt, müßte endlich zu Aufhebung jener Trennung führen, oder (darf ich es aussprechen, Raphael?) Gott hervorbringen. Eine solche Anziehung ist die Liebe.

Also Liebe, mein Raphael, ist die Leiter, worauf wir emporklimmen zu Gottähnlichkeit. Ohne Anspruch, uns selbst unbewußt, zielen wir dahin.


„Tode Gruppen sind wir wenn wir hassen,
Götter, wenn wir liebend uns umfassen,
     lechzen nach dem süßen Fesselzwang.
Aufwärts durch die tausendfache Stuffen

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zahlenloser Geister, die nicht schufen,

     waltet göttlich dieser Drang.

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Erster Band welcher das I. bis IV. Heft enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1785–1787, Seite 130. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band1_Heft3_130.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)