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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Erster Band welcher das I. bis IV. Heft enthält

Julius an Raphael.
Im October.

Du bist fort, Raphael – und die schöne Natur geht unter, die Blätter fallen gelb von den Bäumen, ein trüber Herbstnebel ligt wie ein Bahrtuch über dem ausgestorbnen Gefilde. Einsam durchirre ich die melancholische Gegend, rufe laut deinen Namen aus, und zürne, daß mein Raphael mir nicht antwortet.

Ich hatte deine lezten Umarmungen überstanden. Das traurige Rauschen des Wagens, der dich von hinnen führte, war endlich in meinem Ohre verstummt. Ich Glüklicher hatte schon einen wohlthätigen Hügel von Erde über den Freuden der Vergangenheit aufgehäuft, und jezt stehest du gleich deinem abgeschiedenen Geiste von neuem in diesen Gegenden auf, und meldest dich mir auf jedem Lieblingsplaz unsrer Spaziergänge wieder. Diesen Felsen habe ich an deiner Seite erstiegen, an deiner Seite diese unermeßliche Perspektive durchwandert. Im schwarzen Heiligthum dieser Buchen, ersannen wir zuerst das kühne Ideal unsrer Freundschaft. Hier wars, wo wir den Stammbaum der Geister zum erstenmal aus einander rollten und Julius einen so nahen Verwandten in Raphael fand. Hier ist keine Quelle, kein Gebüsche, kein Hügel, wo

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Erster Band welcher das I. bis IV. Heft enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1785–1787, Seite 103. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band1_Heft3_103.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)