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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Erster Band welcher das I. bis IV. Heft enthält

Karlos.
 Geben sie
mir zu zerstören, Vater – heftig braußts
in meinen Adern – drei und zwänzig Jahre,
und König Philipps Sohn, und nichts gebaut,
und nichts zertrümmert unter diesem Monde.
Ich bin erwacht, ich fühle mich – Allmächtig
regt sichs in mir, wie Lebensglut im Lenz
durch alle Röhren dringt und alle Pulse
der todten Schöpfung munter macht. Ich höre
das Rufen meines Gottes. Meine Weihung
zum Könige pocht wie ein Gläubiger
aus meinem Schlummer mich empor und alle
verlorne Stunden meiner Jugend mahnen
mich laut wie Ehrenschulden. Er ist da
der große schöne Augenblick, der endlich
des hohen Pfundes Zinsen von mir fodert,
mich ruft die Weltgeschichte, Ahnenruhm,
und des Gerüchtes[1] donnernde Posaune,
mein angebornes Zepterrecht ist nur
ein Darlehn, Vater, schon in Mutterleibe
auf meiner künftgen Thaten Sicherheit,
auf meines Geistes Bürgschaft mir voraus bezahlt.
Nun ist die Zeit gekommen mir des Ruhmes
glorreiche Schranken aufzuthun – – Mein König,
darf ich die Bitte auszusprechen wagen,
die mich hieher geführt?




  1. Vorlage: des Gerichtes (Berichtigung. Siehe Heft 3, S. 140)
Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Erster Band welcher das I. bis IV. Heft enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1785–1787, Seite 120. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band1_Heft2_120.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)