Seite:De Thalia Band1 Heft2 070.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Erster Band welcher das I. bis IV. Heft enthält

Traurig siz ich in der Fülle
     Lauter Freude rings umher,

15
Schwermuthsvoller, ernst und stille

     Bleibt mein Busen freudenleer.
Ach! die Purpurstralen weken
Mir des Todes bleiches Schreken.

Weh mir! daß ich durch die Chöre,

20
     Durch das Lied, das Leben singt,

Laut des Todes Röcheln höre
     Das aus jedem Odem dringt,
In den Weyhrauch reiner Lüfte
Mischt sich Duft der Todtengrüfte.

25
Blumen, die dem Aufgang blühen,

     Welken, wenn der Mittag sinkt,
Und von Wangen, die ihm glühen,
     Todes Schweis der Abend trinkt,
Leichen, Gräber ohne Zahlen

30
Wird sein lezter Grus bestralen.


Tauche deine goldnen Flügel,
     Erden Licht! ins Schatten Meer,
Streu um unsre Todenhügel
     Nacht das tiefste Dunkel her,

35
Bis in Edens Sonnenwälzen

Unsrer Gräber Fesseln schmelzen.

Sophia Albrecht.
Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Erster Band welcher das I. bis IV. Heft enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1785–1787, Seite 70. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band1_Heft2_070.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)