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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Erster Band welcher das I. bis IV. Heft enthält

Der doppelte Rükfall hatte seine Verschuldung erschwert. Die Richter sahen in das Buch der Geseze, aber nicht einer in die Gemüthsfassung des Beklagten. Das Mandat gegen die Wilddiebe bedurfte einer solennen und exemplarischen Genugthuung, und Wolf ward verurtheilt, das Zeichen des Galgens auf den Rüken gebrannt, drei Jahre auf der Vestung zu arbeiten.

Auch diese Periode verlief, und er gieng von der Vestung – aber ganz anders, als er dahin gekommen war. Hier fängt eine neue Epoche in seinem Leben an; man höre ihn selbst, wie er nachher gegen seinen geistlichen Beistand, und vor Gerichte bekannt hat. „Ich betrat die Vestung; sagte er, als ein Verirrter, und verließ sie als ein Lotterbube. Ich hatte noch etwas in der Welt gehabt das mir theuer war, und mein Stolz krümmte sich unter der Schande. Wie ich auf die Vestung gebracht war, sperrte man mich zu drei und zwanzig Gefangenen ein, unter denen zwei Mörder; und die übrigen alle berüchtigte Diebe und Vagabunden waren. Man verhöhnte mich, wenn ich von Gott sprach, und sezte mir zu, schändliche Lästerungen gegen den Erlöser zu sagen. Man sang mir Hurenlieder vor; die ich, ein lüderlicher Bube, nicht ohne Ekel und Entsezzen hörte, aber was ich ausüben sah, empörte meine Schamhaftigkeit noch mehr. Kein Tag vergieng, wo nicht irgend ein schändlicher Lebenslauf wiederholt, irgend ein schlimmer Anschlag

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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Erster Band welcher das I. bis IV. Heft enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1785–1787, Seite 29. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band1_Heft2_029.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)