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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Erster Band welcher das I. bis IV. Heft enthält

Unter die besten Stücke in diesem Saal zähle ich noch den Antinous; Schade, daß durch einen fehlerhaften Abguß die Figur nach den Hüften und Schenkeln zu ein wenig krumm geworden; den borghesischen Fechter, eine Figur, woran ich vorzüglich die Wahrheit des Muskelspiels bewundre, die Zwillinge Kastor und Pollux, Kaunus und Biblis, den Faun, den Schleifer, besonders wegen dem forschenden Ausdruck des Gesichts, und der Formen seiner beiden Arme, den Hermaphrodit, die medizäische Venus, den sterbenden Fechter, den Römer Germanikus, und noch einige andre, von denen ich dir in meinem nächsten Brief mehr sagen werde.

Merkwürdig waren mir auch die Büsten der großen Griechen und Römer, der Kopf eines sterbenden Alexanders, der Niobe, einer Tochter der Niobe, der Kleopatra, des Nero und Kaligula, der Faustina und einige mehr. Der Zufall hatte den blinden Homeruskopf und den Kopf des Herrn von Voltaire nebeneinander gestellt. – Ich weiß keine beißendere Satire auf unser Zeitalter. Voltaire – ich glaube, daß man das jezt in Deutschland laut sagen darf – Voltaire war ein wahrhaftig großer Geist, aber warum war mir sein Kopf in dieser Gesellschaft so lächerlich?

Ich werfe noch einen Blick auf diese Statuen.

Warum zielen alle redende und zeichnende Künste des Alterthums so sehr nach Veredlung?

Der Mensch brachte hier etwas zu Stande, das mehr ist, als er selbst war, das an etwas größeres

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Erster Band welcher das I. bis IV. Heft enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1785–1787, Seite 182. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band1_Heft1_182.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)