Seite:De Thalia Band1 Heft1 170.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Erster Band welcher das I. bis IV. Heft enthält

zu Stande kam – sie ein Monarchenkind,
ich ihr Vasall, und wollen Freunde werden?
(der Prinz wird nachdenkend. Der Marquis bemerkt es, und fährt ernsthafter fort)
Noch ist ein großer Tag zurück – ein Tag,
wo dieser Heldensinn – ich will sie mahnen –
auf einer schweren Probe sinken wird.
Dom Philipp stirbt. Karl erbt das gröste Reich
der Christenheit – ein ungeheurer Spalt
reißt vom Geschlecht der Sterblichen ihn los,
und Gott ist heut, wer gestern Mensch noch war.
Jezt hat er keine Schwächen mehr. Die Pflichten
der Ewigkeit verstummen ihm – Die Menschheit
(noch heut ein großes Wort in seinem Ohr)
verkauft sich selbst, und kriecht um seine Launen.
Sein Mitgefühl löscht mit dem Leiden aus,
und Wollüste verklagen seine Tugend,
für seine Thorheit schickt ihm Peru Gold,
für seine Laster zieht sein Hof ihm Teufel.
Er schläft berauscht in diesem Himmel ein,
den seine Sklaven staatsklug um ihn pflanzen,
lang wie sein Traum währt seine Herrlichkeit,
und wehe dem, der ihn barmherzig weckte!
Was aber würde Rodrigo? O würde
mein Anblick nicht – Befragen sie sich selbst –
an dieser Wonne lügenhaften Spiegel
den trüben Athem der Vernichtung hauchen?
Wir wollen zeitig scheiden, Prinz. Die Freundschaft
ist wahr und kühn – Die sieche Majestät

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Erster Band welcher das I. bis IV. Heft enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1785–1787, Seite 170. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band1_Heft1_170.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)