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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Erster Band welcher das I. bis IV. Heft enthält

desto unabhängiger von der Meinung der Welt. Dann nur, wenn wir bei uns selbst erst entschieden haben, was wir sind, und was wir nicht sind, nur dann sind wir der Gefahr entgangen, von fremdem Urtheil zu leiden – durch Bewunderung aufgeblasen, oder durch Geringschazung faig zu werden.

Woher kommt es denn aber – diese Bemerkung hat sich mir aufgedrungen, seitdem ich Menschen beobachte – woher kommt es, daß der Amtsstolz so gern im entgegengesezten Verhältniß mit dem wahren Verdienste steht? Daß die Meisten ihre Anforderungen an die Achtung der Gesellschaft in eben dem Grade verdoppeln, in welchem sich ihr Einfluß auf dieselbe vermindert? – Wie bescheiden erscheint nicht oft der Minister, der das Steuerruder des Landes führt, und das große System der Regierung mit Riesenkraft wälzt, neben dem kleinen Histrionen, der seine Verordnungen zu Papier bringt – wie bescheiden der große Gelehrte, der die Gränzen des menschlichen Denkens erweiterte, und die Fackel der Aufklärung über Welttheilen schimmern ließ, neben dem dumpfen Pedanten, der seine Quartbände hütet? – Man verurtheilt den jungen Mann, der gedrungen von innrer Kraft, aus dem engen Kerker einer Brodwissenschaft

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Erster Band welcher das I. bis IV. Heft enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1785–1787, Seite 2. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band1_Heft1_002.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)