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fast ganz mit niedrigem Eichenbusch bedeckten Höhenseiten abschloß.

     Ich war oben bis an den Rand der Fläche vorgetreten: ein schmaler, anscheinend wenig benutzter Fußsteig lief in das Haidekraut hinab und mochte drüben an dem jetzt kaum erkennbaren Ausgange der Thalmulde wieder zur Ebene emporsteigen. Als meine Blicke länger an dem fernen Punkt gehaftet hatten, meinte ich den Rest eines thurmartigen Mauerwerkes zu gewahren; aber die Dämmerung brach jetzt rasch herein, im Westen lagerte unter schwarzvioletten Wolken ein Streifen düsteren Abendroths, und die Nacht begann das Haidethal zu füllen; auf den Höhen hörte ich wohl das Sausen des Windes in den Krüppeleichen; aber meine Augen sahen bald auch hier nur ein unterschiedloses graues Wogen. Nur meine Phantasie hatte sich dort den Thurm erbaut: »nicht jetzt, einst«, sagte ich mir, »hatte ein derartiges Gemäuer dort gestanden«; denn ich glaubte plötzlich zu wissen, wohin der Zufall mich geführt hatte. Nicht, daß ich jemals selber hier gewesen wäre; aber mit aufhorchenden Knabenohren hatte ich, und mehr als einmal, von diesem Orte reden hören.

     Ich wandte mich zurück, denn es trieb mich, trotz der Dunkelheit noch nähere Zeichen aufzuspüren; auch hatten am Westhimmel die Wolken sich verzogen, und es leuchtete noch ein letzter Abendschein über den mit

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Theodor Storm: Zur Chronik von Grieshuus. Berlin: Paetel, 1885 (2. Auflage), Seite 8. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Storm_Zur_Chronik_von_Grieshuus_008.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)