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Und von denen, die es sahen, rührte keiner nur ein Glied.

Aber ein anderes geschah: Rolf Lembeck, ehe einer dachte, es zu hindern, hatte die Todte aus der Lade gehoben und ließ ihr schönes Haupt an seine Schulter sinken. Da fuhren die Schwerter aus den Scheiden, die Frauen schrieen auf und Stimmen flogen durch die Halle: „Wer ist’s? Der Lembeck? Haltet den Tollen, den Leichenschänder! Schlagt ihn nieder!“ Der Priester streckte die Hände nach dem Kühnen und schrie: „Anathema!“ Nur der jungen Sängerinnen eine, die der Blick aus seinem blauen Aug’ gestreift hatte, sank in die Knie und betete: „O Gott der Liebe, erbarm’ dich ihrer beider!“

Zwei Männer waren, die nicht ihr Schwert gezogen hatten: der Schloßhauptmatm der eine, der andere Rolf Lembeck. Der erstere fuhr rasch empor. „Zurück ihr Freunde!“ rief er, seine Hand ausstreckend; mein Fest – mein Kind und – mein auch dieser Ritter!“

Doch als er darauf sich ihm nahen wollte, da war Rolf Lembeck nicht mehr in der Halle. Die Todte an sich pressend, die Augen wie im Wahnsinn aus das süße, starre Antlitz heftend, war er durch

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Theodor Storm: Ein Fest auf Haderslevhuus. Berlin: Paetel, 1886, Seite 217. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Storm_Ein_Fest_auf_Haderslevhuus_217.jpg&oldid=- (Version vom 20.9.2016)