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faltete zum Morgengebet die Hände; durch das kleine Fenster fielen die ersten Morgenstrahlen.

– – Nicht lange danach trat der Schloßhauptmann in den Garten; die Dogge Heudan folgte ihm. Als sie an den Zinnen hinaustraten, stand der Hund und schaute wie verwundert vor sich hin: die Pappel, wo war sie denn? Dann wandte er den Kopf und lief plötzlich in Sprüngen ein Stückchen seitwärts auf die Mauer zu.

„Dagmar!“ rief der Ritter. „Du hier? so früh?“

Sein Kind stand reglos an den Zinnen und starrte in die Tiefe; sie schien ihn nicht zu hören; ihre Händchen hielt sie übereinander auf die Brust gedrückt, als müsse sie den Tod gefangen halten.

„Dagmar!“ rief er angstvoll. „Was ist Dir? Bist Du krank geworden?“

Da wandte sie den Kopf und sah ihn an.

„Kennst Du mich nicht? Ich bin’s, Dein Vater!“ rief er und zog sie mit sanften Händen zu sich.

Ein leichter Schrei rang sich aus ihrer Brust: „O, er kommt nimmer wieder!“ Dann brach sie in ihres Vaters Arm zusammen.

Rathlos blickte er auf das schmale Antlitz: die Wimpern der geschlossenen Augen lagen ruhig auf den blassen Wangen; aber das Herz schlug so gewaltsam,

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Theodor Storm: Ein Fest auf Haderslevhuus. Berlin: Paetel, 1886, Seite 195. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Storm_Ein_Fest_auf_Haderslevhuus_195.jpg&oldid=- (Version vom 20.9.2016)