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Ammer, schwirrte vor ihm auf; er hörte es kaum, er schritt nur weiter, als ob er ewig so zu schreiten habe.

Da zuckte fern unten am Horizont ein schwacher Schein; ein Gewitter schien heraufzukommen. Einen Augenblick stand er und besann sich: er hatte die dunkeln Wolken am Abend schon gesehen; er wußte plötzlich, wo Ost und Westen war. Nun wandte er sich und beschleunigte seine Schritte; er wollte rasch nach Haus, zu seinem Kinde. Da war etwas vor seinen Füßen, er kam ins Straucheln, und eh’ er sich besonnen, that er einen neuen Schritt; aber sein Fuß fand keinen Boden – – ein gellender Schrei fuhr durch die Finsterniß; dann war’s, als ob die Erde ihn verschluckte.

Ein paar Vögel schreckten in die Luft, dann war Alles still; kein Menschenschritt war jetzt noch in dem Korn. Eintönig säuselten die Aehren, und kaum hörbar nagten die Millionen Geziefers an den Wurzeln oder Schaften der Pflanzen, bis die immer drückendere Schwüle in einem starken Wetter sich entlud und in den hallenden Donnern und dem niederstürzenden Regen alle andern Geräusche der Erde verschwanden.

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Theodor Storm: Ein Doppelgänger. Berlin: Paetel, 1887, Seite 113. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Storm_Ein_Doppelgaenger_113.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)