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„Leben? - - Es ist ja doch ein Glück dabei; er liebt das Kind; - was ist denn mehr noch zu verlangen?“

- „Und von uns, von dem, was einst gewesen ist, weiß er denn?“ - -

„Nein, nein!“ rief sie heftig. „Er nahm die Sünderin zum Weibe; mehr nicht. O Gott, ist’s denn nicht genug, daß jeder neue Tag ihm angehört!“

In diesem Augenblicke tönete ein zarter Gesang zu uns herüber. - „Das Kind,“ sagte sie. „Ich muß zu dem Kinde; es könnte ihm ein Leids geschehen!“

Aber meine Sinne zieleten nur auf das Weib, das sie begehrten. „Bleib doch;“ sagte ich, „es spielet ja fröhlich dort mit seinem Moose.“

Sie war an den Rand des Gebüsches getreten und horchete hinaus. Die goldene Herbstsonne schien so warm hernieder, nur leichter Hauch kam von der See herauf. Da höreten wir von jenseit durch die Weiden das Stimmlein unseres Kindes singen:

„Zwei Englein, die mich decken,
Zwei Englein, die mich strecken
Und zwei so mich weisen
In das himmlisch Paradeisen.“

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Theodor Storm: Aquis Submersus. Berlin: Paetel, 1877, Seite 142. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Storm_Aquis_submersus_142.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)