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Franz. Ja oder Nein!

Daniel. Gnädiger Herr! ich bin heute ein und siebenzig Jahr alt, und hab Vater und Mutter geehret, und niemand meines Wissens um des Hellers Werth im Leben vervortheilt, und hab an meinem Glauben gehalten, treu und redlich, und hab in eurem Hause gedienet vier und vierzig Jahr, und erwarte izt ein ruhig seeliges Ende, ach Herr, Herr! Umfaßt seine Knie heftig und ihr wollt mir den lezten Trost rauben im sterben, daß der Wurm des Gewissens mich um mein leztes Gebet bringe, daß ich ein Greuel vor Gott und Menschen schlafen gehen soll? Nein, nein, mein liebster bester liebster gnädiger Herr, das wollt ihr nicht, das könnt ihr nicht wollen von einem ein und siebenzig jährigen Manne.

Franz. Ja oder Nein! was soll das Geplapper?

Daniel. Ich will euch von nun an noch eifriger dienen. Will meine dürren Sehnen in eurem Dienst wie ein Taglöhner abarbeiten, will früher aufstehen, will später mich niederlegen – ach und will euch einschliessen in mein Abend- und Morgengebet, und Gott wird das Gebet eines alten Mannes nicht wegwerfen.

Franz. Gehorsam ist besser, denn Opfer. Hast du je gehört, daß sich der Henker zierte, wenn er ein Urtheil vollstrecken sollte?

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Friedrich Schiller: Die Räuber. Frankfurt und Leipzig: 1781, Seite 145. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Schiller_Die_R%C3%A4uber_145.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)